Dienstag, 2. Juni 2020
Bei einem Wirte wundermild …
Bei einem Wirte wundermild
Da war ich jüngst zu Gaste.
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
Es war der gute Apfelbaum
Bei dem ich eingekehret.
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.
Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste.
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das beste.
Ich fand ein Bett in süßer Ruh
Auf weichen, grünen Matten.
Der Wirt, er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.
Nun fragt ich nach der Schuldigkeit.
Da schüttelt er den Wipfel:
Gesegnet sei er allezeit
Von der Wurzel bis zum Gipfel.
(EINKEHR von Ludwig Uhland)
Dienstag, 11. Juni 2019
“Blouß fa Gspass” hinter Schloss und Riegel
Jedes Jahr an Pfingsten herum ist es wieder so weit: Das Seckenheimer Laientheater „Blouß fa Gspass“ („Nur zum Spaß“) führt unter der Leitung von Carla Schmidt in der Komödienscheuer in der Rastatter Straße ihr neuestes Stück auf. Jeweils ein ganzes Jahr lang opfern die Darsteller, denen man ihre Begeisterung und Theaterliebe anmerkt, einen Teil ihrer Freizeit. Sie planen, proben und setzen sich auseinander … damit die Seckenheimer Zuschauer sich gut unterhalten fühlen und ihren Spaß haben.
Das aktuelle Theaterstück 2019 „Seniorenresidenz Schloss und Riegel“ zeigt ein Werk frei nach der Theaterautorin Winnie Abel.
Das Rentnerpaar Irmgard und Hermann (mit Gipsbein: Carla Schmidt) beschließt, nach der Entlassung aus der Reha in eine Seniorenresidenz überzusiedeln und landet versehentlich – im Knast. Zur großen Erheiterung der Zuschauer wird in dieser klassischen Verwechslungskomödie viel aneinander vorbeigeredet und die Kommunikation mit den Gefängnisinsassen, die von Irmgard und Hermann für Residenzbewohner gehalten werden, gestaltet sich vergnüglich und amüsant. Bis sich am Ende die Verstrickungen lösen und sich alles zum Guten wendet, wird das Publikum Zeuge zahlreicher komischer Zwischenfälle und hat viel zu lachen.
Mittwoch, 29. Mai 2019
Süßkram von anno dazumal
In einem alten Kochbuch entdeckt: Kuchen, Gebäck, Süßigkeiten von anno dazumal. Was das wohl alles im einzelnen ist? Ich erkenne einen Gugelhupf, einen Zitronenkuchen, Schokopudding, Bisquitrolle mit Schokoladenfüllung, Trinkschokolade, einen Kuchen im Kokosmantel, Brownies … Das meiste kann ich leider nicht mit richtigem Namen benennen.
Illustrierte Seite aus einem englischen Kochbuch um 1900.
Mittwoch, 22. Mai 2019
Reinhold Messmer über das Schreiben und Holzhacken
“Das Schreiben ist eine Qual, aber es ist mir sehr wichtig. Das Wichtigste überhaupt. Obwohl das Schreiben nichts bringt, es ist die härteste und die am schlechtesten bezahlte Arbeit, Holzhacken bringt mehr.” (Reinhold Messmer)
Sonntag, 21. April 2019
Frohe Ostern ?
Ein paar Wochen vor Ostern habe ich in einem Magazin (wieder einmal) von unglücklichen Hennen gelesen: „Warum es besser wäre, wenn Eier wirklich vom Osterhasen kämen.“ Sowohl Käfig-, als auch Boden- und Freilandhaltung findet in Großbetrieben mit wenig Platz für das einzelne Individuum und mit viel Quälerei statt. Es ist für uns seit langem schon selbstverständlich, Bio-Eier zu kaufen. Auch bei Biohaltung ist der Platz nicht gerade üppig: 6 Hennen leben auf 1 Quadratmeter. Wo aber gibt es zum Beispiel in der Stadt große Gelände mit freien Hühnern, die sich ihr Futter selbst suchen? Es gibt nur 2 Möglichkeiten: entweder man verzichtet ganz auf Eier oder man kauft im Bioladen.
Im Stress einer engen Haltung picken und hacken sich Hennen oft gegenseitig tot. Hennen aus Biohaltung sind die einzigen, denen der Schnabel nicht kupiert oder auf eine heiße Metallplatte gedrückt wird, um ihm die scharfe Spitze zu nehmen. Da nimmt man den Mehrpreis doch gerne in Kauf und kann mit besserem Gewissen „Frohe Ostern“ feiern.
Sonntag, 14. April 2019
Schlauraffen-Speise im Schlauraffen landt
Das Schlauraffen Landt
Ain gegent haist Schlauraffen landt,
Den faulen Leuten wol bekannt,
Das ligt drey meyl hinder Weyhnachten.
Und welcher darein wölle trachten,
Der muß sich grosser ding vermessn
Und durch ein Berg mit Hirßbrei essn,
Der ist wol dreyer Meylen dick.
Und dann ist er im augenblick
Inn den selbing Schlauraffen Landt,
Da aller Reychthumb ist bekannt,
Da sind die Heuser deckt mit Fladn,
Leckuchen die Haußthür und ladn …
Das ist die Version von Hans Sachs (1494 – 1576). Die Idee von einem Land für alle fresslustigen und faulen Müßiggänger gab es allerdings schon in der Antike. Hans Sachs selbst hat sein Werk dem Gedicht von Boccaccio nachempfunden und zwar dergestalt, dass das Lesen über diese dickbäuchigen, im Überfluss lebenden Fresser eher abstoßend wirken soll. Später – bei den Bechstein‘schen Märchen – ist aus dem „Hirßbrei“ ein Reisbrei geworden, weil Hirse in der Bevölkerung nicht mehr so bekannt war wie ehemals.
Im Mittelhochdeutschen gibt es das Wort „sluraff“, was Faulenzer bedeutet. Wir kennen heute noch die Bezeichnung „Schluri“, das für faul, schlampig oder schlitzohrig steht. Das Schlauraffen (oder Sluraffen) Landt ist also das Land der faulen Affen.
Wir essen Hirse sehr gern. Sie schmeckt toll, ist gesund und schnell zubereitet. Und beileibe nicht nur etwas für Wellensittiche, wie oft von spottlustigen Leuten, die noch nie Hirse gegessen haben, behauptet wird.
Vor einigen Tagen haben wir Bio-Hirse in Paprikaschoten gefüllt und diese im Topf in dickem, fruchtigem Tomatensugo gegart. Die Zubereitung ist auf der Packung angegeben. Deshalb nur ein kleiner Tipp aus der Praxis: Soll die Masse nach dem Garen körnig bleiben (z.B. für einen Salat), rührt man nur selten um, sondern lässt die Körnchen in Ruhe ausquellen. Möchte man die Masse zum Füllen von Gemüsen oder als knusprige Bratlinge verwenden, ist ein häufiges Rühren sogar erwünscht.
Samstag, 6. April 2019
Literatur und Kulinarik: Jonathan Noels Abendessen
Literatur und Kulinarik
aus: Die Taube, Novelle von Patrick Süskind
Jonathan Noel bewohnt ein winziges Zimmerchen in Paris und führt ein Leben in vollständiger Ereignislosigkeit. Als eines Tages doch ein Ereignis stattfindet (ein Taube sitzt vor seiner Wohnungstür) gerät sein Leben ins Wanken, Jonathan völlig aus dem Konzept. Er fühlt sich angeekelt, überfordert, überrumpelt und flieht … am Abend mietet er sich in einem kleinen Hotelzimmer ein mit der Gewissheit, nie wieder in seine Wohnung und sein altes Leben zurückkehren zu können.
Im Folgenden ist Jonathans Abendessen im Hotelzimmer beschrieben. Wir haben ähnliche Zutaten besorgt und das Essen nachempfunden. Kleine Unterschiede gibt es: zum Beispiel wird bei uns der Rotwein nicht aus der Flasche getrunken und statt Fladenbrot haben wir auf Baguette zurückgegriffen.
„Er machte sich auf, um ins Hotel zu gehen. Auf dem Weg dorthin, in der Rue d‘Assas, gab es eine tunesische Gemischtwarenhandlung. Sie war noch geöffnet. Er kaufte eine Dose Ölsardinen, einen kleinen Ziegenkäse, eine Birne, eine Flasche Rotwein und ein arabisches Brot.
[….] schnitt die kleinen Sardinenleiber mit dem Taschenmesser quer durch, spießte eine Hälfte auf, streifte sie auf einem Fetzen Brotes ab und schob den Bissen in den Mund. Beim Kauen vermengte sich das mürbe, ölgetränkte Fischfleisch mit dem faden Fladenbrot zu einer Masse von köstlichem Geschmack. Vielleicht fehlen ein paar Tropfen Zitrone, dachte er – aber das war schon fast frivole Gourmandise, denn wenn er nach jedem Bissen einen kleinen Schluck Rotwein aus der Flasche nahm, ihn über die Zunge laufen ließ und zwischen den Zähnen bewegte, so vermischte sich nun seinerseits der stahlige Nachgeschmack des Fisches mit dem lebhaften säuerlichen Parfüm des Weines auf so überzeugende Weise, dass Jonathan sicher war, noch nie in seinem Leben besser gespeist zu haben als jetzt, in diesem Augenblick. Vier Sardinen enthielt die Dose, das machte acht kleine Bissen, bedächtig zerkaut mit dem Brot, und acht Schluck Wein dazu. Er aß sehr langsam. Er hatte einmal in einer Zeitung gelesen, dass hastiges Essen, gerade wenn man großen Hunger habe, nicht bekömmlich sei und zu Verdauungsbeschwerden, ja sogar zu Übelkeit und Erbrechen führen könnte.
Nachdem er die Sardinen aufgegessen und das verbliebene Öl mit Brot aus der Dose gestipft hatte, aß er den Ziegenkäse und die Birne. Die Birne war so saftig, dass sie ihm beim Schälen beinahe aus den Händen glitschte, und der Ziegenkäse war so dicht gepresst und haftend, dass er an der Messerklinge klebte, und er schmeckte so plötzlich säuerlich bitter und trocken im Mund, dass sich das Zahnfleisch wie erschreckt zusammenzog und einen Augenblick lang der Speichel versiegte. Dann aber die Birne, ein Stück süßer, triefender Birne, und alles kam wieder in Fluss und vermischte sich und löste sich von Gaumen und Zähnen und glitt auf die Zunge und hinunter … und wieder ein Stück Käse, ein milder Schreck, und wieder die versöhnliche Birne dazu, und Käse und Birne – es schmeckte so gut, dass er die letzten Käsereste mit dem Messer vom Papier schabte und die Eckchen des Kerngehäuses aufaß, die er zuvor aus der Frucht geschnitten hatte …“
Fotos: Brigitte Stolle
Samstag, 16. März 2019
Pastries for every Occasion
Von einfachen Kuchen, Gebäckstückchen und Desserts bis hin zu aufwendigen mehrschichtigen Torten stellt das alte englische Backbuch aus den 1910er bis 1920er Jahren wunderschöne, kreative Meisterleistungen der Konditorenkunst und Pâtisserie vor. - In meinem digitalen Fotolabor habe ich die einzelnen Buchseiten mit Rezepten und appetitanregenden Zeichnungen sowie einen dünnen Karton (hier mit Blümchenmuster) als Hintergrund zu Collagen vereint. Möchte man die Buchseiten und/oder Hintergründe noch etwas mehr auf “alt” trimmen, färbt man sie (Pinsel, Schwamm) vor dem Einscannen mit Kaffee oder Tee, wobei interessante Experimente möglich sind. Zwischen dicken Büchern trocknen lassen, eventuell noch bügeln.
Zwischendurch eine Stilblüte zum Schmunzeln. Ein Lateinschüler übersetzt einen relatv einfachen Satz vom Lateinischen ins Deutsche (wahrscheinlich zur Erheiterung seines Lehrers). Romulus conditor Romae erat - Romulus war Konditor in Rom.
Collagen aus einem alten englischen Backbuch: Brigitte Stolle
Dienstag, 12. März 2019
Hansi ? Coco ? Peterle ?
Interessant ist, wie Menschen ihre Wellensittiche und Papageien nennen. Lustig fand ich, dass jemand sein Sittichpärchen Cindy & Bert nannte. Ich bleibe hier allerdings bei dem Namen der Art und hoffe, die abgebildeten Vögel, die ich aus alten Büchern zu kleinen Collagen zusammengebastelt habe, richtig bezeichnet zu haben. Dort stand es nämlich nur auf Englisch (Mexican Double Yellowhead Parrot, Australian Paroquet (Love Bird), Cuban Parrot, African Gray Parrot). Wellensittich und Graupapagei ist klar, aber sonst … ? Wer’s besser weiß, darf es mir bitte mitteilen.
Dienstag, 4. Dezember 2018
Almuts Bienenstich
Wussten Sie schon, dass sich im Anhang meines Mannheimer Imkerkrimis “Bienenstich” einige Rezepte befinden? Bis vor Kurzem hatte ich keinerlei Kenntnis darüber, ob diese Rezepte Anklang gefunden haben oder überhaupt auf Interesse gestoßen sind … bis mir vor einigen Tagen die Margit, eine treue Leserin meines Weblogs und meiner Bücher, zwei Fotos von “Almuts Bienenstich” mailte. Einfach mal so nachgebacken. Ich habe mich sehr gefreut und wette, dass dieser Bienenstich mindestens genauso gut schmeckte wie er auf den Bildern ausschaut.
Nachgebacken und fotografiert von Margit Hahn:
Samstag, 30. Dezember 2017
Tugend und Genügsamkeit
Gertruds Poesiealbum - Blatt 14
Kurrentschrift
Meine Transkription:
Nie schenkt ein Stand, nie schenken Güter
Dem Menschen die Zufriedenheit;
Die wahre Ruhe der Gemüther
Sind Tugend und Genügsamkeit!
Zur Erinnerung
an
Deine Mutter
Neuschönefeld d. 23.11.1904
Montag, 18. Dezember 2017
Vierzig Grad Lampenfieber in Betlehems Stall
“Als ich 6 Jahre alt war, siedelte ich von Neckarhausen nach Edingen über. Meine Mutter musste nicht mehr arbeiten gehen; ich hatte einen kleinen Bruder bekommen und sie blieb daheim und passte auf ihn auf. Ich ging immer noch nicht gerne in den Kindergarten, aber im Gegensatz zu Oma musste ich bei Mama trotzdem hin. Unsere Edinger Kindergärtnerin war eine Nonne vom Orden der Niederbronner Schwestern und hieß Schwester Maria Lena. Ich mochte sie gerne, sie war eine kleine, lustige und herzliche Frau. Meist ließ sie mich in Frieden. Ich hatte viel Freiheit und durfte mich beschäftigen, wie ich es mochte. Ich mochte es zum Beispiel nicht, mit den anderen Kindern im Kreis zu sitzen und zu singen. Im Kindergarten-Hof neben der Bruder-Klaus-Kirche grobe Völkerball-Spiele zu spielen, war auch nicht nach meinem Geschmack. Ich war ein schüchternes Kind und mochte es am liebsten, alleine an einem Tisch zu sitzen und mit Kunststoff-Steckblumen phantastische Gebilde zusammenzustecken. Es gab gemeinsame Frühstückszeiten, gemeinsame Ruhezeiten, gemeinsame Spiel- und Singzeiten, aber ansonsten hatte ich meine Ruhe und konnte meinen Gedanken nachhängen. Wer gerne mitten im tobenden Leben und im wilden Tumult war, war hier ebenfalls am richtigen Ort und fand Gleichgesinnte. Eigentlich war es eine nicht allzu unangenehme Zeit – bis in meinem letzten Kindergartenjahr etwas völlig Überraschendes geschah …
Ich hatte gerade aus der Steckblumen-Kiste sämtliche roten Blumen hervorgekramt und sie ordentlich auf dem Spieltisch ausgelegt. Heute wollte ich ein ganz und gar rotes Gebilde in riesigen Ausmaßen schaffen, als Schwester Maria Lena sich einen Stuhl an den Tisch heranzog und sich setzte.
„Und du wirst der Erzengel Gabriel sein“, sagte sie zu mir.
Ich erschrak furchtbar und dachte zuerst an ein Versehen, an einen kleinen Scherz … Aber es war ihr heiliger Ernst. Eine Weihnachtsfeier sollte stattfinden, Eltern und Gemeindemitglieder würden eingeladen werden, die Weihnachtsgeschichte würde zur Aufführung kommen. Maria und Josef seien schon ausgewählt, die Hirten- und Engelrollen verteilt und nun fehle noch der wichtigste Engel, der Erzengel Gabriel, der in zwei rauschenden Auftritten frohe Botschaften zu verkündigen habe. Ich sei, sagte Schwester Maria Lena, die Richtige für diese Rolle, weil ich das am längsten aufgeschossene Mädchen im ganzen katholischen Kindergarten sei und der Erzengel Gabriel ein großer und bedeutender Engel. Zwei oder drei Sätze nur hätte ich auswendig zu lernen und ab sofort würden wir die Sätze jeden Tag üben. Sie würde mir vorsprechen, ich würde nachsprechen und bis zur Kindergartenaufführung im Advent würde der Text gut sitzen. Ich war nicht überzeugt und wollte diese Ehrenrolle nicht haben. Es wurde mir ein langes, weißes Gewand versprochen, aus der Kleiderkammer der Ministranten entliehen, goldene Engelsflügel aus Pappe sollte ich erhalten und weil ich einen kurzen Bubikopf trug, würde eine blondlockige Perücke mich engelsgleicher machen. Aber so sehr Schwester Maria Lena sich auch bemühte, mir die Sache schmackhaft zu machen, mein Herz wurde schwer.
Die freundliche Kindergärtnerin
Schwester Maria Lena (links):
Wir fingen auch gleich mit dem Üben an, vorerst noch ohne rauschendes weißes Gewand. Ich musste mit meinem grauen Strickkleidchen und den blauen Strumpfhosen vor Rita hintreten, die eine begeisterte Jungfrau Maria spielte, und sagen:
„Sei gegrüßt, oh, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Einen Sohn wirst du gebären und den sollst du Jesus nennen.“
Es war mir sehr peinlich, zu Rita „Oh, du Begnadete“ zu sagen und ich wusste gar nicht, was „gebären“ bedeuten sollte, aber Rita war zufrieden und strahlte, nachdem sie sich zuerst über den großen Erzengel tüchtig zu erschrecken hatte, übers ganze Gesicht.
„Mach den Mund richtig auf“, sagte Schwester Maria Lena zu mir. „Sprich laut und deutlich. Bei der Aufführung müssen dich alle gut hören können.“
Nach ein paar qualvollen Kindergartentagen saß dieser Auftritt einigermaßen und wir gingen zur zweiten Erzengel-Szene über: Drei kleine Buben lagerten als Hirten auf dem Feld, aber in Wirklichkeit auf dem Fußboden des Spielzimmers. Ich musste, immer noch ohne langes, weißes Gewand, vor sie hinrauschen, sie mussten sich furchtbar erschrecken und die Hände vor den Mund schlagen, um in ihrem Entsetzen nicht laut aufzuschreien. Das machten sie ganz wunderbar, meinte Schwester Maria Lena. Ich fand, sie machten es übertrieben hysterisch und war neidisch, weil sie keine Sätze sagen, sondern nur vor Schreck nach hinten auf den Rücken fallen mussten. Zu ihnen musste ich laut sagen:
„Fürchtet euch nicht, denn ich verkündige euch eine große Freude: Der Heiland ist geboren. Ihr werdet ein Kindlein finden, das in Windeln eingewickelt in einer Krippe liegt.“
Insgesamt waren das schon mehr als die angekündigten drei Sätze. Ich hatte genau mitgezählt. Außerdem veränderte sich Anzahl, Länge und Inhalt der Sätze mit jedem Tag. Schwester Maria Lena war mit Herzblut bei der Sache und feilte in ihrer Freizeit an den Sätzen herum, veränderte sie, strich und ergänzte … und als ich endlich „Der Heiland ist geboren“ sagen konnte, musste ich am nächsten Tag in „Heute ist euch der Heiland geboren“ umlernen.
Endlich war Schwester Maria Lena mit ihrem Text zufrieden. Plötzlich aber nicht mehr mit der Besetzung. Übers Wochenende, erzählte sie mir an einem Montag, hätte sie sich überlegt, dass ich besser die Jungfrau Maria spielen sollte, neben dem Jesukindlein die eigentliche Hauptrolle in der Weihnachtsgeschichte. Ich sei ja das größte Mädchen im ganzen katholischen Kindergarten und mache deshalb für diese Rolle am meisten her. Die heulende Rita wurde zum Erzengel Gabriel degradiert, weil sie diesen Text ja schon mit mir mitgelernt hatte und auswendig hersagen konnte.
Ein neues Problem tauchte auf: Ich war ja nicht nur das größte Mädchen im ganzen Kindergarten, sondern das größte Kind überhaupt. Es gab also keinen Josef, der an meine Seite gepasst hätte. Schwester Maria Lena fand auch hierfür eine Lösung: Sie suchte unter den Ministranten einen großen Buben heraus, einen Zweitklässler, der nun jeden zweiten Nachmittag, peinlich berührt, in den Kindergarten kommen und mit mir üben musste. Wir mussten uns an den Händen halten und singen. Das war noch tausendmal peinlicher, als zu Rita „Oh, du Begnadete“ zu sagen. Dem Zweitklässler-Josef war es genauso unangenehm wie mir, er ärgerte und genierte sich und ließ seine Wut an mir aus. Wenn wir uns an den Händen hielten und im Wechselgesang mit den Herbergsleuten laut und deutlich von uns zu geben hatten:
„Wer klopfet an?“
„Oh, zwei gar arme-he Leut.“
„Was wollt ihr denn?“
Wir wollen Herbe-herg heut.“
… stach er mir dabei vor Nervosität mit seinem Fingernagel so heftig in die Kuppe meines rechten Zeigefingers, dass der nach ein paar Tagen ganz wund war und sich eine Aufsehen erregende, entzündete Blase bildete. Die Hausärztin, Frau Dr. L, hielt eine Nadel über eine Kerzenflamme und stach die Blase damit auf. Das tat weh und es floss Blut und Eiter heraus. Mir wurde ganz schwach und flau und ich musste mich auf ihre Sprechzimmercouch legen, um nicht umzufallen. „Was ist denn das für ein Flegel?“, fragte sie und meine Mutter besuchte Josefs Mutter und beschwerte sich. Von da an hörte der große Zweitklässler mit der Fingernagel-Bohrerei auf und schaute mich nur noch böse an.
Der große Tag kam heran und ich sah ihm mit noch größeren Ängsten entgegen. Der Text saß, fleißige Mütterhände hatten Kostümchen genäht. Ich bekam ein altrosafarbenes Kleid mit weißem Krägelchen samt Schürze und Kopfhaube. Es war mir gar nicht besonders wohl. Die Szene, in welcher der Erzengel Gabriel „Sei gegrüßt, oh, du Begnadete“ zu mir sagte, als ich gerade in der Kammer kniend meine Gebete verrichtete, ging noch ganz gut über die Bühne. Ich hatte mich nur tüchtig vor dem Rita-Engel zu fürchten, tat dies aber dezenter als die blöden Buben-Hirten und ohne nach hinten auf den Rücken zu fallen.
Dann kam es zur Herbergssuche und zum Wechselgesang. Josef klopfte an eine Tür und von drinnen wurde mit piepsiger Aufregungsstimme herausgesungen: „Wer klopfet an?“ Und als wir darauf im Duo „Oh, zwei gar arme-he Leut“ zu antworten hatten, stockte ich und hatte den Satz ganz und gar vergessen. Josef sang alleine und war verunsichert. Ich hörte Schwester Maria Lena, die als Souffleuse irgendwo verborgen im Dunkeln saß, murmeln. Aus dem Zuschauerraum rief plötzlich eine Frau: „Des Kind hot jo hohes Fiewer!“ Menschen stürzten sich auf mich und Hände legten sich auf meine Stirn und auf mein hochrotes Gesicht. In heller Aufregung wurde die Theateraufführung unterbrochen. Ich wurde auf einen Stuhl gesetzt, während eine stolze Rita schnell wieder zur Jungfrau Maria umfunktioniert wurde und die Sache mit der Krippe und dem Jesukindlein bravourös zu Ende brachte.
Ich saß vor Schüttelfrost klappernd im Zuschauerraum und schaute dem Ausgang der Weihnachtsgeschichte zufrieden und erleichtert zu. Zum Schluss konnte ich „Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh, Maria und Josef betrachten es froh“ schon wieder ganz guter Dinge mitsingen.
Das Lampenfieber war besiegt.
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Mütter-Wallfahrt mit Oma als frommer Witze-Erzählerin
Brennender Braten von Polizei gelöscht
Mein Bruder purzelt als Messdiener vor dem Altar herum
Wie ich es meinem Vater ein für alle mal austrieb, sich als Nikolaus zu verkleiden
Aus: Als Brunhilde, Barbara und ich das Ewige Licht auspusteten
Eine Jugend in Edingen-Neckarhausen zwischen Kindergarten, Kiesloch und Kirche.
Brigitte Stolle 2016.
Dienstag, 5. Dezember 2017
Wie ich es meinem Vater ein für alle mal austrieb, sich als Nikolaus zu verkleiden
“Bei uns zu Hause kam der Nikolaus immer schon am Abend des 5. Dezember. Ganz heimlich, still und ungesehen lieferte er seine Gaben in dem vor die Tür gestellten Stiefel ab – und am Nikolausmorgen, dem 6. Dezember, konnte man nachschauen, was er mitgebracht hatte.
Dass er schon am 5. und nicht etwa am 6. zu uns kam, mochte damit zusammenhängen, dass meine Oma am 5. Dezember ihren Geburtstag hatte, die Wohnung voller Leute war und Feierlichkeiten und lustige Umtrünke stattfanden. Da bot es sich einfach an, den festlichen Aktivitäten auch gleich noch den Nikolausbesuch hinzuzufügen.
Dass wir den Nikolaus niemals in voller Montur und Verkleidung zu sehen bekamen, sondern stets nur am folgenden Morgen seine Hinterlassenschaften vorfanden, hing eindeutig mit mir und meinem ersten Nikolaus-Erlebnis zusammen.
Ich war 3 Jahre alt und verbrachte den 53. Geburtstag meiner Oma in der großelterlichen Wohnung in Neckarhausen, in der ich mein Leben auch sonst zubrachte. Es war ein Mittwoch und der Tag war von Anfang an ganz anders als die übrigen Tage. Oma befand sich in heiterer und ausgelassener Stimmung. Es wurde sorgfältig geputzt und aufgeräumt. Ab und zu klingelte es an der Wohnungstür und es erschienen Personen, die mir ganz fremd waren. Nachbarn streckten ihre Hand durch die Tür herein, um meiner Oma zu gratulieren. Manchen bot sie eine Tasse Kaffee an. Am Nachmittag gesellte sich das eine oder andere Glas Wein dazu. Es saßen Leute in der Wohnung herum, es wurde erzählt und laut gelacht, Blumen standen auf dem Tisch. Ab und zu hörte ich, wie meine Oma „Noch ein Piccolöchen?“ fragte. Ich lungerte bedrückt auf dem großen Ehebett herum, spielte unlustig mit meinen Sachen und fühlte mich von aller Welt verlassen: Heute war jemand anderes als ich Mittelpunkt und Hauptperson. Oma bemühte sich sehr, den Kontakt wieder herzustellen, mich aus der Reserve zu locken, sie zog mich auf ihren Schoß, umarmte mich, versuchte, mich zum Lachen zu bringen … aber ich war eingeschnappt und schwer beleidigt.
An mein übliches Mittagsschläfchen war wegen der ungewohnten Unruhe nicht zu denken. Und so kam es, dass ich zunehmend gereizt und vernörgelt wurde. Ein fremder Mann sagte zu mir: „Du musst heute brav sein, sonst ist der Nikolaus böse.“ Ich schaute Oma erschrocken an und die lachte: „Ja, heute Abend kommt der Nikolaus.“ Und dann fügte sie mit ganz tief gemachter Bass-Stimme noch dreimal hinzu: „Der Nikolaus, der Nikolaus, der Nikolaus.“ Ich gruselte mich vor ihrer dunklen Stimme und versteckte meinen Kopf ängstlich an ihrer Schulter.
Diese Wirkung machte ihr großen Spaß. Aufgedreht, wie sie wegen der Piccolöchen war, machte sie das mit der dunklen Stimme und das mit dem „Nikolaus“ noch mehrere Male mit mir. Ich saß arglos am Tisch und trank eine Tasse Kaba … da schlich sie sich von hinten an mich heran und raunte ganz nah an meinem Ohr mit Gruselstimme: „Gleich kommt der Nikolaus“. Ich schrie vor Schreck auf und alle lachten fröhlich. Nachdem ich mich noch mehrere Male so hatte hereinlegen lassen, war ich auf der Hut und spitzte meine Ohren misstrauisch in alle Richtungen, lauschte auf jedes kleine Geräusch, vermutete hinter allen Worten der Erwachsenen Verrat und böse Absichten. Sie amüsierten sich sehr.
Ich hatte den Nikolaus noch nie persönlich kennen gelernt und konnte mir nur vage Vorstellungen von seinem Besuch machen. Aber als der Geburtstagsnachmittag mit heiterem Gläserklingen vorüberging und der Abend kam, war ich durch das dunkle Raunen der Oma und die scherzhaften Drohungen der Geburtstagsgäste so verängstigt und nervös, dass ich innerlich zitterte und das Allerschlimmste erwartete und vorausahnte.
Und dann geschah das Entsetzliche tatsächlich: Ich hörte, wie unten die Haustür mit einem Rumms geöffnet wurde und wie jemand mit stampfenden Schritten die knarrende Holztreppe zu uns heraufpolterte. Ich saß starr vor Schreck auf dem Schoß meiner Oma und lauschte angestrengt. Mit gespielter Furcht flüsterte sie in mein Ohr: „Der Nikolaus“ und duckte sich dabei ängstlich. Vor der Wohnungstür raschelte etwas. Und dann hämmerte der Nikolaus mit den Fäusten wild gegen die Tür und wollte zu mir herein.
Ich öffnete meinen Mund und schrie. Ich schrie gellend und wie am Spieß. Dabei hielt ich mir mit beiden Händen die Ohren zu und presste meine Augen ganz fest zusammen. Ich konnte gar nicht mehr aufhören mit dem Schreien.
Meine Oma schüttelte mich, stellte mich auf den Fußboden und eilte zur Tür. Aber der Nikolaus war verschwunden. Er war ein für alle Mal verschwunden und traute sich auch nie wieder im Leben persönlich in meine Nähe.
Dafür erschien nach fünf Minuten mein Vater, blass und verstört. Zusammen mit meiner Mutter war er gerade von der Arbeit gekommen. Hilflos hielt er ein kleines Säckchen in der Hand und einen in rotes Stanniolpapier eingehüllten Schokoladen-Nikolaus. Ich durfte auch gleich eine Mandarine essen, meine Oma schob sie mir Schnitz für Schnitz in den Mund. „Was habt ihr denn mit dem Kind gemacht?“, fragte meine Mutter und blickte streng auf den Tisch mit den vielen Weingläsern, „kann man denn gar nichts Gescheites von euch erwarten?“
Das war ein schlimmes Erlebnis, das mich noch viele Tage verfolgte. Aber am Weihnachtstag, als das Christkind mir meine allererste Puppe Andrea vorbeibrachte, war der böse Nikolaus längst wieder vergessen.”
Weihnachten 1962 in Edingen mit Mama, Papa und Puppe Andrea:
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Mein Bruder purzelt als Messdiener vor dem Altar herum
Aus: Als Brunhilde, Barbara und ich das Ewige Licht auspusteten
Eine Jugend in Edingen-Neckarhausen zwischen Kindergarten, Kiesloch und Kirche.
Brigitte Stolle 2016.
Sonntag, 1. Oktober 2017
Mein Bruder purzelt als Messdiener vor dem Altar herum
“Aus irgendeinem Grund wurde mein Bruder eines Tages Ministrant. Das Wort kommt von ministrare, das ist Lateinisch und heißt ins Deutsche übersetzt „dienen“. Also war mein Bruder ein Messdiener und assistierte Pfarrer K bei seinen heiligen Handlungen.
Als Ministrant sah mein Bruder ganz fremd und komisch aus und man hätte ihn fast nicht mehr wiedererkannt. Wenn er Dienst hatte, betrat er die Sakristei mit seinen ganz normalen Kleidern und kam kurz darauf völlig verändert mit dem Pfarrer und den anderen Messdienern wieder heraus. Er trug einen roten Talar, der so lang war, dass man die Schuhe kaum sah, und darüber ein weißes Chorhemd. Er wirkte ganz verwandelt und fromm und das ehrfurchtserheischende Ensemble aus Pfarrer und Ministranten machte einen großen Eindruck auf mich.
Mein Bruder blieb nicht sehr lange Zeit Messdiener. Denn eines Tages passierte etwas, das ihn zwang, seine vielversprechende Ministranten-Laufbahn unverzüglich zu beenden.
Es war eine abendliche Andacht im Marienmonat Mai. Man betete den Rosenkranz. Bei Mai-Andachten war die Kirche nicht so voll wie bei den sonntäglichen Gottesdiensten. Es war weniger zu tun und deshalb kam immer nur der Pfarrer und zwei Messdiener und eine Handvoll Kirchenbesucher, vor allem uralte Frauen. Für einen Anfänger-Messdiener wie meinen Bruder war so eine Mai-Andacht eine gute Übung, man sagte ihm vorher kurz, was er zu tun hatte, die ganze „Dienerei“ war unkompliziert und dauerte vor allem nicht sehr lange. Wenn ein kleiner Fehler passierte, war es nicht so schlimm, denn die uralten Frauen saßen zusammengebuckelt auf den Kirchenbänken, murmelten ihren Rosenkranz herunter und achteten gar nicht so besonders auf die Fehler der Ministranten.
An diesem Mai-Abend schaffte es mein Bruder jedoch, mit spannenden Vorführungen und akrobatischen Darbietungen die alten Damen von ihren Rosenkränzen abzulenken und ihre Empörung hervorzurufen. Und das kam so:
Der Talar passte nicht. Er war meinen Bruder zu lang. Und zwar so lang, dass er nicht nur bis zu den Schuhen, sondern auch über sie und dann noch weiter darüber hinaus reichte. Durch einen schlurfenden Gang konnte man diesen Missgriff ein bisschen kaschieren. Beim Hinknien störte der überlange Talar auch nicht. Wohl aber beim Aufstehen!
Die beiden Messdiener knieten oben am Altar. Auf ein kleines Zeichen des Pfarrers standen sie wieder auf. Während der eine Messdiener schon wieder ganz manierlich aufrecht stand, trat mein Bruder beim Hochkommen mit dem Fuß hinten auf sein langes Messgewand. Im Physikunterricht hatten wir schon von Zugkraft und Zugspannung gehört. Das Gelernte wurde nun mit Hilfe des roten Talars wunderbar anschaulich in die Praxis umgesetzt: Der Stoff spannte sich extrem, riss meinen Bruder mit gewaltiger Kraft nach hinten und warf ihn zu Boden. Er purzelte haltlos vor dem Altar herum.
Dies alles geschah in Sekundenbruchteilen und brachte den Rhythmus des Rosenkranzbetens ein bisschen durcheinander. Pfarrer K blickte streng und schüttelte den Kopf, um sein Missfallen zu bekunden. Mein Bruder rappelte sich halb betäubt vor Schreck auf, trat nach hinten und wurde ein zweites Mal mit roher Gewalt umgerissen. Jetzt hörte man das erregte Getuschel der uralten Damen, die sich über das ungehörige Verhalten des Messdieners sehr empörten. Pfarrer K schüttelte noch heftiger seinen Kopf. Der zweite Ministrant kicherte. Aber es nutzte alles nichts: Wird ein Körper verformt und ändert sich seine Geschwindigkeit, so ist die Ursache dafür immer eine Kraft. Mein Bruder trat beim Hochkommen mit aller Kraft ein drittes Mal auf den Talar …
Am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule fragte ein Klassenkamerad scheinheilig: „Na, hast du gestern Abend gedient?“ Da wusste mein Bruder, dass die die Geschichte sich schon herumgesprochen hatte und um nichts in der Welt war er mehr zu bewegen, seine Ministrantentätigkeit fortzusetzen.”
Hoppla !
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Brigitte Stolle 2016.
Freitag, 15. September 2017
Die Eiche
Wald, mit dir wieder einmal zur Zwiesprache allein
Und wie ein Baum inmitten der Brüder zu sein!
Hölle aus Stein und der Brand in der eigenen Brust.
Hat mich so krank gemacht und so hohnvoll bewusst.
(Josef Weinheber)
Blüht die Eiche vor der Esche,
Gibt’s im Sommer große Wäsche.
Blüht die Esche vor der Eiche,
Gibt’s im Sommer große Bleiche.
(Bauernregel)